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Die Europäische Kommission steht kurz davor, nationale Subventionen für energieintensive Industrien zu genehmigen, während sie tiefgreifende Änderungen an den EU-Beihilferegeln vorstellt –
ein Schritt, der Deutschlands umstrittenen Plan zur Subventionierung der Stromkosten für besonders stromhungrige Unternehmen legitimieren würde.
Am Mittwoch wird die EU-Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera einen aktualisierten Beihilferahmen präsentieren – den „Clean Industrial Deal State Aid Framework“ (CISAF) –, der es Regierungen erlaubt, Stromkosten für Schwerindustrien zu kompensieren. Die überarbeiteten Regeln enthalten eine neue Klausel zur „vorübergehenden Strompreisentlastung“, die eng mit dem von Deutschland vorgeschlagenen Unterstützungsmodell übereinstimmt.
Noch vor einem Monat schien Berlins Plan kaum mit dem EU-Recht vereinbar zu sein, das staatliche Subventionen gemäß Artikel 107 des EU-Vertrags in der Regel verbietet, um unfaire Marktverzerrungen zu verhindern. Doch inzwischen erkennt die Kommission zunehmend an, dass gezielte Hilfen notwendig sind, um übergeordnete wirtschaftliche und ökologische Ziele zu erreichen.
Deutschlands Strategie gilt nicht nur für seine eigene Wirtschaft als entscheidend, sondern für die EU insgesamt. „Wenn Deutschland untergeht, gehen wir alle mit“, sagte ein anonymer Lobbyist, der energieintensive Industrien vertritt.
Gemäß den neuen CISAF-Regeln dürfen Regierungen bis zu 50 % der durchschnittlichen jährlichen Großhandelsstrompreise übernehmen – vorausgesetzt, diese Preise liegen über 50 € pro MWh. Diese Änderung dürfte nicht nur Deutschland zugutekommen, sondern auch Ländern wie Italien und anderen Staaten, die weiterhin stark auf fossile Brennstoffe angewiesen sind.
Dennoch argumentieren Industrieverbände aus zehn Mitgliedstaaten, darunter Österreich und Frankreich, dass der überarbeitete Rahmen nicht weit genug gehe, um energieintensive Sektoren ausreichend zu unterstützen.
Frankreich konnte derweil einen Erfolg verbuchen: Der überarbeitete CISAF bezieht sich nun auf das „Net-Zero Industry Act“, was es Paris erleichtert, eine Genehmigung für die Finanzierung von Kernenergie zu erhalten – ein nationales Anliegen. Der französische EU-Abgeordnete Christophe Grudler begrüßte die Aufnahme nuklearer Technologien und bezeichnete den Ausschluss der Kernkraft bei gleichzeitiger Aufnahme von Erdgas im ersten Entwurf als „absurd“.
Während die EU versucht, ihre industrielle Wettbewerbsfähigkeit wiederzubeleben, stellt CISAF einen Wandel hin zu einem flexibleren Ansatz bei staatlichen Beihilfen dar. „Es gibt außerhalb staatlicher Beihilfen keine echten Instrumente, um eine EU-Industriepolitik zu betreiben“, sagte Lena Hornkohl, Rechtsprofessorin an der Universität Wien.
Der neue Rahmen enthält jedoch weiterhin Schutzmaßnahmen, um sicherzustellen, dass Subventionen gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. So müssen Unternehmen, die eine Strompreisentlastung erhalten, mindestens 50 % der Beihilfe in Dekarbonisierungsmaßnahmen reinvestieren.
Wie sich CISAF in der Praxis bewährt, wird sich bald zeigen – vor allem bei groß angelegten Fördervorhaben. Die Ökonomin und ehemalige Kommissionsbeamtin Adina Claici warnte, dass die Kommission mit rechtlichen Anfechtungen durch Unternehmen rechnen müsse, die von Subventionen ausgeschlossen werden. „Es steht viel auf dem Spiel“, sagte sie.